In Österreich ist es gang und gäbe über "die da oben" beziehungsweise "die da unten" zu schimpfen. Kommt nur drauf an wo man gerade selbst steht.
Normalerweise vermeide ich es bei so allgemeinem Gesuder mitzumachen, aber die Österreicherin in mir muss jetzt echt mal Dampf ablassen!
Die da oben im Ministerium gehen mir gerade mächtig am Nerv. Bildungsstandards, Kompetenzen, Items, AK0, Pirls, Pisa, Evaluation, Ikm, Portfolio, BIFIE, Assesments, Implementierung, Kompetenzbereiche, Standards, Zentralmatura, Diagnoseinstrumente, Fortbildunsmaßnahmen, SQA, Nachqualifizierung, Kompetenzmodelle,...
Das Wortstakkato, dass sich in den letzten Jahren in meinen Kopf gebrannt hat ist nicht enden wollend. Und nun? Alles vom Tisch gewischt! Mit eisernem Lächeln wird alles was in den letzten Jahren wichtig war vollkommen konterkariert. Ich fühl mich persönlich vera...! Wie viel Zeit, Energie und Geld in Items, Standards, Kompetenzen, BIFIE,... (sorry - das ist nicht zu stoppen) ... geflossen ist ist einfach unglaublich! Empörend!
Vieles der letzten Jahre scheint mir lächerlich, überzogen. Durchs ständige Testen wird niemand schlauer. Aber es war ja bei weitem nicht alles schlecht! Jetzt, wo auch bildungsressistente Lehrerinnen anfangen Nutzen aus den Standards zu ziehen, Daten lesen und interpretieren können - da schaffen wir die Tests ab.
Empörend!
Vor allem die Begründung der Absagen von Pisa, Bildungsstandards, IKM, ... (sorry ;-) macht mich rasend: Zu meiner eigenen Lehrer-Sicherheit werden die Test ausgesetzt. Weil jetzt meine Schul-Mailadresse auf einem rumänischen Server liegt. Na und? In China fällt gerade ein Radl um.
Die wirklichen Gründe? Wenn ihr mich fragt, will von denen da oben niemand schwarz auf weiß lesen, dass die Hauptschüler wesentlich besser abschneiden als die Heilige Kuh Mittelschule.
Ja eh. Kann denen bitte mal wer Statistik lesen beibringen?
Man müsste sich nur mal anschauen wer in die Mittelschulen geht und wer in Hauptschulen. Alle größeren Ballungsräume haben ausschließlich Mittelschulen. Städtische Schulen, in denen sehr oft nur mehr jene Kinder sitzen, in deren Elternhaus Bildung nicht wichtig ist. Alle die einigermaßen gerade Sätze schreiben und das Einmaleins brav auswendig sagen können gehen ins Gymnasium.
Schulen die jetzt noch Hauptschulen sind, die sind gaaaanz weit weg vom Schuss. So richtige Landeier-Kinder gehen da hin. Auch hier sind nicht alle Eltern Gstudierte, aber oft mit gutem Hausverstand gesegnet. Und der überträgt sich halt gern auf die Kinder.
Womit wir auch endlich bei "unten" wären. Hier unten, im normalen Alltag einer Mini-Schule gehts eigentlich zu wie immer. Es wird gelernt, gescherzt, nachgedacht, geholfen, "geausflügt". Das ganz normale Leben eben.
Was die da oben so denken ist hier unten nicht wirklich wichtig. Was zählt sind die Kinder - die sind mein Gradmesser. Ihr Fortschritt, Wissens- und Erfahrungszuwachs findet statt. Ob wir ihn nun evaluieren oder nicht.
Falls ihr bis hier durchgehalten habt! Wow!
Die Österreicherin in mir zieht sich jetzt wieder in ein gemütliches Eckerl zurück und wartet gespannt, ob jemand von euch Lust auf eine eigene oben und unten Sichtweise hat.